Andreas Grunert – Wege
11. Januar — 23. Februar 2020
Städtische Galerie
Andreas Grunert ist Schöpfer einer unvergleichlichen poetischen Bildrhetorik, in der ein einfaches Repertoire oft wiederkehrender Bildfiguren in spannungsvolle und rätselhafte Beziehungen zu Fläche und Raum tritt. Woher sie kommen, wohin sie gehen und was ihre Bestimmung ist, bleibt in der Schwebe. Hinter der konkreten Bildkonstellation verbirgt sich immer auch die Dimension der Zeit mit all ihren Möglichkeiten. Menschliche Figuren, Hunde, Esel, Bäume, Berge, Wälder sind es, die – oft in surrealer, traumhafter Anmutung – in der Weite des abstrakten Bildraumes ein Höchstmaß an Assoziationen auslösen und der ganz individuellen Aufschlüsselung durch den Betrachter harren. Wege deuten sich in vielfältiger Form in den Bildern an, sie schicken unsere Fantasie auf die Reise, und sie enden oft im Unbestimmten beziehungsweise dort, wo unsere Vorstellungskraft uns hinführt. In seiner Reduktion auf wenige Tönungen und seinem präzisen und bewussten Einsatz spielt das Mittel der Farbe eine wesentliche Rolle für die Schaffung von Stimmung, Ausdruck, Zusammenhängen von Elementen und Verbindungen zwischen Bildern einer Serie. In den Arbeiten aus verschiedenen Werkphasen seines über vier Jahrzehnte umfassenden Schaffens deutet sich zudem Andreas Grunerts künstlerischer Weg an, der sich weit verzweigt und bei allem Voranschreiten immer auch von Rückgriffen und Variationen von Früherem durchsät ist.
Andreas Grunert wurde 1947 in Chemnitz geboren und studierte von 1969 bis 1975 Malerei an den Kunstakademien in Stuttgart und Wien. Er erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen und lebt in Beuren bei Hechingen.
Eröffnung Freitag, 10. Januar 2020, 19 Uhr.
ADELHEID FUSS – SPIELFELD
Die künstlerische Welt von Adelheid Fuss ist Schwarzweiß, und das ganz im positiven Sinne. Ihre Bildsprache ist vielfältig und voller Bewegung, Harmonie und Dualismus.
Statische Elemente wie Landkarten werden auf Transparentpapier gedruckt, überlagern sich und fangen an zu flimmern. Figuren verschmelzen zu vierbeini-gen Wesen, die weder vor noch zurück können und doch harmonisch miteinan-der wanken. Egal ob in der (Druck-)Grafik oder Bildhauerei, in jedem Moment steht der Mensch im Mittelpunkt der Betrachtungen. Sie sieht den Menschen als Wesen, das keinen festen Ort in der Welt hat, sondern seinen Platz immer neu finden muss. Dieses Immer-Neu-Finden wird in ihren Skulpturen für den Betrachter erfahrbar. Die Künstlerin gibt keine universal gültige Position ihrer Figuren vor ‒ sie überlässt es jedem selbst, eine eigene Stellung zu finden und diese bei Bedarf spielerisch zu verändern. (Maren Marzilger)
Eröffnung Freitag, 28. Februar 2020, 19 Uhr.
BERNAR VENET – RELIEFS
Die Galerie der Stadt Tuttlingen zeigt eine Retrospektive der Reliefarbeiten des berühmten französischen Künstlers Bernar Venet mit Werkbeispielen von 1961 bis heute. 1941 in Château-Arnoux-Saint-Auban in Südfrankreich geboren, wurde Bernar Venet schon in den 1960er Jahren in der New Yorker Avant-garde-Szene bekannt. Unter Einbeziehung von Mathematik und wissenschaft-licher Sprache war er einer der Mitbegründer einer neuen und radikalen Kunst und ist der Konzeptkunst zuzuordnen. Seit seinen Reliefs aus Pappe sowie sei-nem berühmten „Tas de charbon“, der ersten Skulptur ohne spezifischer Form, finden seine in konsequenten Werkserien stets weiterentwickelten Skulpturen bis zum heutigen Tag große Beachtung in der Kunstwelt. In den 70er Jahren entstanden Holzreliefs – Bögen, Winkel und Linien – sowie seine ersten „Indeterminate Lines“, und schon 1979 wurde Venet durch die Nationale Kunststiftung der USA ausgezeichnet. In dieser Zeit liegen auch die Fundamente für seine aktuellen Wandarbeiten aus Stahl, die er „Continuous Curves“ nennt.
In den vergangenen Jahrzehnten hatte Venet Einzelausstellungen in Europa, den USA, Südamerika und Asien, und er war in der Kasseler Documenta (1977) sowie den Biennalen von Paris, Venedig und São Paolo vertreten. Er ist der international meistgezeigte Künstler Frankreichs und schuf u. a. in Auckland, Austin, Berlin, Denver, Genf, Neu-Ulm, Köln, Nizza, Paris, Shenzhen, San Francisco, Seoul, Tokio und Toulouse permanente Skulpturen im öffentlichen Raum.
Eröffnung Freitag, 3. April 2020, 19 Uhr.
WILHELM MORAT – SCHWEBENDE KONSTELLATION
Die Materialität des Papiers zu verstehen und es selbst herzustellen, gehört für Wilhelm Morat zum künstlerischen Schaffensprozess und ist integraler Be-standteil seiner Arbeit. Dazu stellt er das Papier mit eigens dafür angebautem Flachs und Hanf in seiner Papiermühle her und erforscht die Materialei-genschaften des Naturfaserstoffes. Gezielt setzt er die Erkenntnisse für seine ästhetischen Vorstellungen ein. Es entstehen Wand- und Bodenobjekte sowie freischwebende Objekte, die sich durch die Raumthermik bewegen und so immer neue Konstellationen generieren.
Wilhelm Morat lebt und arbeitet als freischaffender Papierkünstler in Titisee-Neustadt. Er hat an der PH Freiburg Kunst und Deutsch studiert. Durch seine rege nationale und internationale Ausstellungstätigkeit haben zahlreiche Werke einen Platz in öffentlichen und privaten Sammlungen gefunden. Zuletzt hat er 2014 den Naturenergie Förderpreis in Bernau erhalten.
EINBLICKE IN DIE SAMMLUNG DER STADT TUTTLINGEN
Die Städtische Kunstsammlung umfasst rund 2200 Werke aus den Bereichen Malerei, Grafik, Fotografie und Skulptur/Plastik. Die Sammeltätigkeit der Stadt reicht bis in die 1950er Jahre zurück. Neben dem Ankauf einzelner Werke bildeten zunächst auch Schenkungen und Dauerleihgaben den Grundstock der Sammlung. Seit den 1980er Jahren werden die städtischen Ankäufe aus den Wechselausstellungen getätigt, die sowohl von der Stadt Tuttlingen selbst als auch vom Kunstkreis Tuttlingen e.V. (gegründet 1973) im Wechsel veranstaltet werden. Hierzu tagt anlässlich jeder Ausstellung die vom Gemeinderat beauftragte Kunstkaufkommission.
So besitzt die Stadt vor allem Arbeiten vieler renommierter Künstler der Region und des deutschen Südwestens, aber auch Positionen des gesamtdeutschen Raumes und des Auslandes sind vertreten. Der Grafikbestand ist aus einer Stiftung von Dr. Alexander Paul, dem Begründer der Tuttlinger Volkshochschule, hervorgegangen.
Teile der städtischen Sammlung bereichern die öffentlichen Räume sowie die Arbeitsräume der Stadtverwaltung. Die Sommerausstellung gibt anhand einer Auswahl „Einblicke“ in einen stetig wachsenden Kunstschatz, der mit seinen Be-standteilen nicht nur ein Stück Kunstgeschichte repräsentiert, sondern auch für die Ausstellungs- und Vermittlungstätigkeit der Galerie der Stadt Tuttlingen steht.
Eröffnung Freitag, 24. Juli 2020, 19 Uhr.
SILVIA HEGER UND WALTRAUD SPÄTH – SPANNUNGSFELDER: SKULPTUREN IM RAUM
Die künstlerischen Positionen von Waltraud Späth und Silvia Heger treten in dieser gemeinsamen Ausstellung durch die kontrastierenden Materialien und deren Gewichtung zueinander in ein spannendes Gegenüber. Beide Künstle-rinnen haben im Umgang mit den verschiedenen Materialien – Holz, Papier, Stahl, Beton, Acryl – einen sensiblen Ausdruck ihrer persönlichen Sprache gefunden. Die Formen folgen den Eigengesetzen des Materials. Die erdverbundenen Skulpturen von Waltraud Späth an der Wand und auf dem Boden wirken durch ihre klare Materialität und die feinfühlige Auseinandersetzung mit dem menschlichen Dasein archaisch in ihrer Anmut. Sie korrespondieren mit den filigranen dreidimensionalen Skulpturen aus feinem Draht und pflanzlicher Zellulose von Silvia Heger. Eine Vielzahl von leichten und sinnlich wirkenden Gebilden „schwärmt“ im Raum.
Waltraud Späth geb.1960 in Oberammergau, studierte 1983-88 Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Prof. Bau-mann. Silvia Heger geb. 1963 in Konstanz, studierte 1985-90 Freie Grafik und Malerei an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien bei Prof. Oberhuber und Prof. Caramelle. Beide Künstlerinnen leben und arbeiten am Bodensee.
ARMIN GÖHRINGER – STAMM:BAUM, „NOCH HÄLT ALLES ZUSAMMEN“
Für Armin Göhringers künstlerische Arbeit ist die Kettensäge das wichtigste Werkzeug. Mit ihr schneidet er aus dem kompakten Holzstamm Blöcke und Quader, Stangen und Stege, Gitter und netzartige Strukturen aus. Seine komplexe bildnerische Sprache arbeitet mit den Grundelementen von Vertikale und Horizontale, mit Positiv- und Negativformen, mit Ein- und Durchblicken, mit Licht, Schatten und Rhythmisierung, mit dem inneren und dem äußeren Raum.
Dabei werden die dreidimensionalen Werke nicht etwa additiv aus Einzelteilen zusammengesetzt, sondern im Gegenteil aus einem Stamm rein subtraktiv skulptural gefertigt. So entstehen blockhaft-wuchtige Objekte, aber auch extrem ausgehöhlte, entmaterialisierte Werke wie die aufragenden, in ihrer Feingliedrigkeit zerbrechlich wirkenden Stelen, die filigranen Wandarbeiten oder die Kopfwesen von anthropomorpher Anmutung. Immer sind die Einzel-elemente durch linienartige Stäbe mit dem Grundstock verbunden, an den Oberflächen bleiben die Arbeitsspuren deutlich sicht- und nachvollziehbar.
Wie weit kann Entmaterialisierung vorangetrieben werden, ohne den Aus-gleich der Kräfte und Gewichte aufs Spiel zu setzen? Wann ist – auch im übertragenen Sinne – der Wendepunkt erreicht, an dem es kein Weitergehen gibt, ohne dass das Gefüge zusammenbricht? Mit großer Souveränität und Risikobereitschaft lotet Armin Göhringer diese Möglichkeiten in seinen Werken immer wieder bis an die Grenzen des Machbaren aus. Über die Jahre hinweg hat er darin eine Meisterschaft entwickelt, die innerhalb der zeitgenössischen Bildhauerei einzigartig ist. (Dr. Ursula Merkel)